GfK Studien zu Einzelhandelsumsatz, -kaufkraft und -zentralität
Die Deutschen haben im Jahr 2015 eine Einzelhandelskaufkraft von 5.692€ pro Kopf. Diese geben sie überwiegend nicht an dem Ort aus, an dem sie leben. Dies ist eines der Ergebnisse der GfK-Studie zur Einzelhandelszentralität 2015.
Knapp 5.700 € stehen den Deutschen im Jahr 2015 durchschnittlich pro Kopf für ihre Einzelhandelsausgaben – online wie offline – zur Verfügung. Diese Einzelhandelskaufkraft 2015 variiert regional von knapp 7.447 € im Hochtaunuskreis bis rund 4.718 € im Eifelkreis Bitburg-Prüm. Nicht alles davon fließt in den stationären Handel, und oft auch nicht am Wohnort. GfK beziffert in der neuen Studie zur Einzelhandelszentralität, dass der stationäre deutsche Einzelhandel insgesamt Umsätze von nominal rund 404 Mrd. € erwirtschaften wird. Auch dieser Umsatz verteilt sich regional sehr unterschiedlich – die Verteilung ist aber ganz anders als die der Kaufkraft. Die Deutschen kaufen folglich oft nicht am eigenen Wohnort ein.
Die Studie GfK Einzelhandelszentralität 2015 schlüsselt das Potenzial für den Einzelhandel für alle Regionen Deutschlands auf. Sie enthält die Einzelhandelskaufkraft und vergleicht sie mit den regionalen Einzelhandelsumsätzen. Daraus ergibt sich die Einzelhandelszentralität, eine Kennziffer, die die Anziehungskraft des regionalen Einzelhandels misst. Werte über 100 stehen für einen Kaufkraftzufluss, Werte unter 100 für einen Kaufkraftabfluss. Im Jahr 2015 stehen 166 deutschen Kreisen mit Kaufkraftzufluss 236 Kreise mit Kaufkraftabfluss entgegen. Welche Regionen profitieren vom Kaufkraftfluss?Naturgemäß liegen überwiegend Stadtkreise vorn, denn hier ballt sich der Einzelhandel und wirkt hohe Anziehungskraft auf das Umland aus. Spitzenreiter ist wie in Vorjahren der Stadtkreis Straubing bundesweit mit einer Zentralität von 209.
Am Beispiel Würzburg wird der Anziehungseffekt einer Stadt auf ihr Umland besonders deutlich: Der Landkreis Würzburg ist mit einer Zentralität von nur 56 Schlusslicht unter allen deutschen Kreisen: Einwohner des Landkreis Würzburg fahren zum Einkaufen meist in die nahegelegene Stadt. Der Stadtkreis Würzburg hingegen erreicht dank dem Zustrom aus dem Umland eine Zentralität von 195,8, was ihn bundesweit auf Rang sechs bringt.
Top 10 Kreise – GfK Einzelhandelszentralität
Rang | Stadt- oder Landkreis |
Einwohner | Einzelhandels- kaufkraft 2015 Index * | Einzel- handels- zentralität** |
---|---|---|---|---|
1 | SK Straubing | 45.502 | 100,6 | 209,0 |
2 | SK Passau | 49.454 | 100,9 | 207,3 |
3 | SK Trier | 107.233 | 89,3 | 204,9 |
4 | SK Weiden i.d.OPf. | 41.726 | 100,5 | 200,6 |
5 | SK Schweinfurt | 51.851 | 98,9 | 197,1 |
6 | SK Würzburg | 124.698 | 102,2 | 195,8 |
7 | SK Rosenheim | 60.464 | 107,1 | 177,7 |
8 | SK Hof | 44.522 | 95,5 | 172,7 |
9 | SK Zweibrücken | 34.084 | 97,5 | 172,6 |
10 | SK Kempten (Allgäu) | 65.044 | 108,1 | 172,3 |
Quelle: GfK Einzelhandelszentralität Deutschland 2015 *(100 = Landesdurchschnitt)
** (100 = Zufluss und Abfluss von Kaufkraft halten sich die Waage)
Die Spitzenplätze im Zentralitätsranking werden nicht von den großen Einkaufsmetropolen wie Berlin, München oder Düsseldorf belegt: Städte wie Straubing, Weiden oder Passau fungieren als Mittelzentren für ein ländlich geprägtes Umfeld. Außerhalb der Stadtgrenzen, also auf dem Land, sind meist nur wenige und dünn gestreute Einzelhandelsangebote zu finden. Diese Städte haben also gemeinsam, dass sie ein großes Einzugsgebiet bedienen, in dem relativ viel Kaufkraft steckt. Gleichzeitig haben die Städte selbst eine eher geringe Einwohnerzahl, so dass der Kaufkraftzufluss vom Umland die in der Stadt an sich existierende Kaufkraft in der Summe noch deutlich übertrifft.
Lediglich einzelne große Einzelhandelsobjekte wie dezentrale Shopping Center oder Factory Outlet Center können eine ähnlich starke Magnetwirkung entfalten. Etwa gelingt dies dem Kreis Zweibrücken (Rang 9), dessen hohe Zentralität auf das Factory Outlet Center zurückzuführen ist.
Masse kontra Klasse: Einzelhändler sollten bei der Expansionsplanung Standorte in Mittelstädten nicht unterschätzen, denn diese haben oft eine Reichweite, die die Zahl der Einwohner im direkten Stadtgebiet deutlich übertrifft. Zugleich ist jedoch auch ein Blick auf den Einzelhandelsumsatz in Summe zu empfehlen, denn dieser Wert zeigt, wo die Masse an Umsatzpotenzial zu finden ist:
Top 10 Kreise – Summe Einzelhandelsumsatz
Rang | Stadt- oder Landkreis | Einwohner | Einzelhandelsumsatz 2015 in Mrd. € | Einzelhandelszentralität* |
---|---|---|---|---|
1 | SK Berlin | 3.421.829 | 17,5 | 105,5 |
2 | SK Hamburg | 1.746.342 | 10,7 | 110,9 |
3 | SK München | 1.407.836 | 10,3 | 114,4 |
4 | SK Köln | 1.034.175 | 6,9 | 122,9 |
5 | Region Hannover | 1.119.526 | 6,4 | 108,0 |
6 | SK Düsseldorf | 598.686 | 4,2 | 118,3 |
7 | SK Frankfurt am Main | 701.350 | 4,2 | 104,6 |
8 | SK Stuttgart | 604.297 | 4,1 | 122,6 |
9 | SK Nürnberg | 498.876 | 3,5 | 135,9 |
10 | SK Dortmund | 575.944 | 3,4 | 121,9 |
Quelle: GfK Einzelhandelszentralität Deutschland
*(100 = Zufluss und Abfluss von Kaufkraft halten sich die Waage)
Die Top 15 Kreise machen ein gutes Fünftel (21,4 Prozent) des gesamten stationären Einzelhandelsumsatzes von rund 404 Mrd. € in Deutschland aus. Die Einwohner dieser Großstädte lassen einen beträchtlichen Teil ihrer Kaufkraft in der Heimatstadt und das, was abfließt, wird überkompensiert durch Shoppingbesucher und Touristen von außerhalb. Die Zentralität schwankt dabei von mittelmäßigen Werten wie 104,6 in Frankfurt am Main bis zu sehr guten Werten wie 135,9 in Nürnberg. Die Nürnberger Einzelhändler ziehen demnach fast 36 Prozent zusätzlicher Kaufkraft von außerhalb an. Marketing: Wo erreichen Händler und Hersteller ihre Zielgruppen? Mit Ausnahme der einwohnerstärksten Städte kaufen die Verbraucher also oft nicht da ein, wo sie wohnen. Wenn es nicht gerade um den täglichen Bedarf geht, tragen die Menschen ihre Kaufkraft sogar nicht selten über die Kreisgrenze hinaus – in das nächste Mittelzentrum, in ein Einkaufszentrum oder gar auf Event-Shoppingtour in eine Großstadt. Dennoch ist die Information, wo die Kaufkraft wohnt, für Einzelhändler höchst relevant. Denn erst damit können etwa Lebensmittelhändler Standorte wohnortnah planen und Marketingplaner Werbung regional gezielt an kaufkräftige Zielgruppen schicken.
Wo sich Werbung lohnt, zeigt im Detail die Kennziffer GfK Einzelhandelskaufkraft, die in der Studie zur Zentralität enthalten ist.
Top 10 Kreise – GfK Einzelhandelskaufkraft je Einwohner
Rang | Stadt- oder Landkreis |
Einwohner | Einzelhandels kaufkraft pro Kopf in € | Einzelhandels- kaufkraft Index* |
---|---|---|---|---|
1 | LK Hochtaunuskreis | 229.167 | 7.447 | 130,8 |
2 | LK Starnberg | 130.811 | 7.359 | 129,3 |
3 | SK München | 1.407.836 | 7.300 | 128,3 |
4 | LK München | 329.981 | 7.195 | 126,4 |
5 | LK Main-Taunus-Kreis | 228.021 | 7.192 | 126,4 |
6 | LK Ebersberg | 133.007 | 6.894 | 121,1 |
7 | LK Fürstenfeldbruck | 208.272 | 6.740 | 118,4 |
8 | SK Düsseldorf | 598.686 | 6.682 | 117,4 |
9 | LK Stormarn | 234.674 | 6.619 | 116,3 |
10 | SK Baden-Baden | 53.012 | 6.562 | 115,3 |
Quelle: GfK Einzelhandelszentralität Deutschland 2015
*(100 = Landesdurchschnitt)
Wenige Punkte Unterschied im Kaufkraftindex je Einwohner wirken sich – je nach Einwohnerzahl des jeweiligen Gebiets – in der Gesamtsumme des Nachfragepotenzials in Euro dramatisch auf die regionalen Absatzchancen eines Händlers aus. Daher ist die Einzelhandelskaufkraft für Einzelhändler eine erfolgskritische Messgröße.
Simone Baecker-Neuchl, Marktdatenexpertin von GfK, kommentiert: „Nicht zuletzt wegen der zunehmenden Bedeutung des Onlinehandels hat es der stationäre Einzelhandel heute nicht leicht. Dennoch können Händler weiter punkten, indem sie die Stärken ihrer Standorte und die Nähe zum Kunden nutzen, um Einkaufserlebnisse zu schaffen. Und dazu muss der Einzelhändler genau abwägen, welche Lage für seine Produktpalette am attraktivsten ist. Werbung hingegen muss er vor allem dort schalten, wo die Zielgruppe wohnt.“
Über die Studie: Die “Sogwirkung” einer Stadt als Einkaufsort kann dadurch gemessen werden, dass man die Nachfrage der Einwohner am Wohnort (GfK Einzelhandelskaufkraft) den Umsätzen im Einzelhandel (GfK Einzelhandelsumsatz) gegenüberstellt. Daraus ergibt sich die GfK Einzelhandelszentralität. Eine Zentralität größer 100 bedeutet einen Kaufkraftzufluss, unter 100 einen Kaufkraftabfluss.
Für die Berechnung der Einzelhandelskaufkraft werden die Ausgaben für die Warengruppen Nahrungs- und Genussmittel, Körper- und Gesundheitspflege, Kleidung, Schuhe, langlebige Güter, Bildung und Unterhaltung (z. B. TV, Radio, Bücher, Fotobedarf, Zeitschriften, Spielwaren, Sportartikel) sowie persönliche Ausstattung (Uhren, Schmuck, etc.) berücksichtigt.
Die regionalisierten Daten zur Einzelhandelszentralität liegen für viele europäische Länder vor und sind jeweils bis zur feinsten administrativen (mind. 10.000 Einwohner) und postalischen Ebene als Prognose für das laufende Jahr verfügbar. Es handelt sich bei der Kaufkraft und den Umsatzdaten um nominale Angaben – d.h. ohne Berücksichtigung von Inflationsentwicklungen und regional verschiedenen Preisniveaus oder unterjährigen Wechselkurseffekten.
Mit der GfK Einzelhandelszentralität erhalten Einzelhändler eine objektive Messgröße dafür, welcher Region, welcher Stadt oder welcher Postleitzahl innerhalb einer Stadt es gelingt, mit dem vorhandenen Einzelhandelsangebot besonders viel Kaufkraft anzuziehen und zu binden. Sie ist somit für die Standortplanung und -bewertung unverzichtbar. Die Einzelhandelszentralität sollte bei Expansionsentscheidungen jedoch im Zusammenhang mit den Einwohnerzahlen, dem GfK Einzelhandelsumsatz und der GfK Einzelhandelskaufkraft betrachtet werden. Alle drei Kennziffern sind daher standardmäßig in der Studie „GfK Einzelhandelszentralität“ enthalten.
Weitere Informationen zur Studie GfK Einzelhandelszentralität finden Sie unter www.gfk-geomarketing.de/zentralitaet.
Grafiken in Druckauflösung finden Sie hier.
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